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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.07.2004
Aktenzeichen: 3 Ss 340/04
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 454 I b |
2. Einer Zurückverweisung an das gem. § 462 a III StPO für die nachträgliche Gesamtstrafenbildung zuständige Gericht bedarf es nicht.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS
In der Strafsache
wegen Unterschlagung
hat das Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 3. Strafsenat - auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hanau vom 21.07.2004 am 11.01.2005 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1 b StPO beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit der Maßgabe (§ 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO) aufgehoben, daß eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO durch das nach § 462 a Abs. 3 StPO zuständige Gericht zu treffen ist.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Hanau vom 26.01.2004 wegen Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Seine gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Landgericht Hanau durch Urteil vom 21.07.2004 verworfen.
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
II.
Die Revision ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 341 Abs. 1 StPO) und in gleicher Weise begründet worden (§ 345 Abs. 1 StPO).
Das Rechtsmittel hat nur im Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der rechtsfehlerhaft unterbliebenen Bildung einer Gesamtstrafe Erfolg; im übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Das Landgericht hat bei der Strafzumessung nicht bedacht, daß die hier verfahrensgegenständliche Tat vor dem Erlaß des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Hanau vom 13.01.2003 (Aktenzeichen 5920/11 Js 7389.1/00 - 54 Ds) begangen wurde. Mit der in dem Strafbefehl ausgesprochenen Strafe, die weder vollstreckt noch erlassen war, hätte daher - was auch im Berufungsverfahren möglich ist - gemäß § 55 StGB eine Gesamtstrafe gebildet werden müssen. Von einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung durfte hier auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden. Die den Strafbefehl beinhaltende Vorstrafakte lag der Strafkammer zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung vor.
Einer (teilweisen) Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch bedarf es trotz des aufgezeigten Rechtsfehlers nicht. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b StPO zu entscheiden. Eine Verweisung auf das Beschlußverfahren nach §§ 460, 462 StPO kann auch im Falle einer fehlerhaft unterbliebenen Gesamtstrafenbildung erfolgen. Der Wortlaut des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO steht dem nicht entgegen, da eine "Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe" auch darin liegen kann, daß eine nach dem Gesetz an sich gebotene Gesamtstrafenbildung rechtsfehlerhaft unterblieben ist. Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck des mit Wirkung vom 01.09.2004 neu eingeführten § 354 1 b StPO, der ebenso wie § 354 Abs. 1 a StPO dazu dienen soll, Urteilsaufhebungen durch das Revisionsgericht in den Fällen zu vermeiden, in denen es nicht zwingend einer erneuten Hauptverhandlung durch das Tatgericht bedarf. Diese Auslegung stimmt mit dem Willen des Gesetzgebers überein. Wie sich der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages (Bundestagsdrucksache 15/3482) entnehmen läßt, soll der neue § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO bei Rechtsfehlern, die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen, die Möglichkeit eröffnen, den neuen Tatrichter auf eine Entscheidung im Beschlußwege zu verweisen. Der Rückgriff auf dieses bewährte Verfahren sei geeignet, eine neue zeit- und kostenintensive Hauptverhandlung zu ersparen. Dem Angeklagten entstehe hierdurch kein Rechtsnachteil, er werde vielmehr im Grundsatz so gestellt, als sei die Bildung einer Gesamtstrafe außer Betracht geblieben. Zu seinen Gunsten sei zusätzlich das Verbot der Schlechterstellung zu beachten.
Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung obliegt dem gemäß § 462 a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28.10.2004 - 5 StR 530/04 - und 16.11.2004 - 4 StR 392/04 -). Einer Zurückverweisung an dieses Gericht durch das Revisionsgericht gemäß § 354 Abs. 2 StPO bedarf es indes nicht, weil diese Vorschrift nur in "anderen Fällen" als denjenigen des § 354 Abs. 1 a und 1 b StPO gilt (vgl. BGH, Beschluß vom 28.10.2004 - 5 StR 530/04 -).
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind dem Angeklagten in vollem Umfang aufzuerlegen. Im vorliegenden Fall ist sicher abzusehen, daß das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung umfassend - auch hinsichtlich des Schuldspruchs - angegriffen hat, mit dem Teilerfolg zur Gesamtstrafe nur einen geringfügigen Rechtsmittelerfolg erbracht hat. Die im Beschlußwege zu bildende Gesamtstrafe muß zwar niedriger als die Summe der Einzelstrafen sein (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 2 Satz 1 StGB); die hiermit einhergehende Besserstellung des Angeklagten hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Strafe ist jedoch gemessen an dem Gesamtumfang seines Rechtsmittels nur gering. Jedenfalls bei dieser Sachlage kann der Senat die abschließende - für den Angeklagten negative - Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO selbst treffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28.10.2004 - 5 StR 530/04 - und 16.11.2004 - 4 StR 392/04 -).
Ende der Entscheidung
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